Bellarabi – Bescheidenheit und Explosivität in Personalunion

Erst vor wenigen Tagen hatte Rudi Völler einen flammenden Appell an den Bundestrainer gerichtet. Der Sportchef von Bayer Leverkusen war der Meinung, dass Karim Bellarabi unbedingt in den erlauchten Kreis der deutschen Nationalmannschaft berufen werden solle. Völlers Meinung teilten nicht wenige Experten. Und am Ende stellte sich heraus: auch Joachim Löw. Der nämlich nominierte Leverkusens Flügelflitzer für die Länderspiele in der EM-Qualifikation in Polen und gegen Irland.

Leverkusen. Diese Nominierung hat gleich mehrere Gewinner. Natürlich zum einen Karim Bellarabi selbst, der vor seinem Debüt in der deutschen Nationalmannschaft steht und den nächsten großen Schritt in seiner Karriere macht. Aber auch Bundestrainer Joachim Löw, der neuerdings lieber ohne klassischen Mittelstürmer spielt. Ihm steht nun ein weiterer, hochbegabter offensiver Mann für die Flügel zur Verfügung. Die Fans der deutschen Nationalelf dürfen sich über noch mehr Qualität freuen. Und nicht zuletzt ist auch Bayer Leverkusen ein Gewinner. Denn hätte sich Karim Bellarabi für Marokko entschieden, so hätte er womöglich Anfang 2015 für den Afrika Cup abgestellt werden müssen. Leverkusen hätte dann mit Beginn der Rückrunde in mehreren Spielen auf ihn verzichten müssen.

Eine Win-Win-Win-Win-Situation

Es ist also eine Win-Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Für den Betroffenen geht „ein Traum in Erfüllung“, Bellarabi betrachtet die Nominierung als „große Ehre“. Für den Leverkusener war es sicherlich keine ganz so einfache Entscheidung. Mit der deutschen Mannschaft winkt natürlich eine Teilnahme an der Europameisterschaft 2016 in Frankreich, vielleicht sogar mehr als nur als Kaderspieler. Als amtierender Weltmeister ist die DFB-Auswahl sicherlich auch einer der großen Favoriten auf den Titel. Auf der anderen Seite wäre die Chance, in Marokko das Team als einer der Stammspieler anzuführen, sicherlich größer gewesen. Für Karim Bellarabi spricht, dass er sich nicht den einfacheren Weg ausgesucht hat.

Lieberknecht, der Förderer

Als sein Mentor gilt Torsten Lieberknecht, der damals noch die U19 von Eintracht Braunschweig coachte. Als er später Cheftrainer bei den Löwen wurde, erinnerte er sich an Bellarabi – und die Braunschweiger liehen ihn für ihr Bundesliga-Jahr aus. Weil Bellarabi bei Bayer nicht zum Zuge kam, war dies damals die richtige Entscheidung. Er sammelte Erfahrung, von der er heute als einer der Shootingstars im Team der Werkself profitiert. Und natürlich ebenso von der offensiven Ausrichtung, die der neue Trainer Roger Schmidt den Leverkusenern eingeimpft hat. Zudem sammelt der 24-Jährige in der Champions League auch Erfahrung auf internationalem Parkett.

Leverkusen, der Durchbruch

Was Karim Bellarabi ebenfalls auszeichnet: Er bleibt bei allen Erfolgen auf dem Teppich. Er sei noch in der Lernphase, betont er immer wieder. „Ich will aber auch sehen, was ich noch aus mir rausholen kann.“ Ihm und allen anderen zeigen wird er das vielleicht schon im Länderspiel in Polen am 11. Oktober oder drei Tage später auf Schalke im Match gegen Irland. Karim Bellarabi jedenfalls scheint in der Form seines bisherigen Profilebens. Und dass Joachim Löw ihm auch eine Chance schenkt, ist so unwahrscheinlich nicht.